Eine große Anzahl der in letzter Zeit häufig auftretenden Brüche an Radsatzwellen und die anschließende Bewertung der Schadensursachen zeigen, dass die bisher durchgeführte so genannte „dauerfeste Auslegung“ entsprechend vorliegender Normen nicht zutrifft. Durch den intensiven Einsatz und die erhöhte Fahrgeschwindigkeit der modernen Schienenfahrzeuge werden jährlich beträchtliche Laufstrecken erzielt, was eine sehr große Schwingspielzahl der Betriebsbeanspruchung zur Folge hat. Unter solchen Bedingungen ist mit einer stetigen Minderung der Schwingfestigkeit zu rechnen, was insbesondere bei Presssitzen der Fall ist. Darüber hinaus sind die Beanspruchungen der Radsatzwellen bei modernen Zügen mit adaptiver Anpassung des Fahrwerks an die Strecke (z. B. Neigetechnik) höher als die nach vorliegenden Normen berechneten.
Die Steigerung der Schwingfestigkeit durch Verwendung höherfester Werkstoffe ist insbesondere in Presssitzen wesentlich geringer als dies aufgrund der Erhöhung der statischen Festigkeit erwartet wird. Eine zutreffende Auslegung muss sowohl die auftretenden zeitlich veränderlichen Belastungen, die zu einer Schwingspielzahl der Betriebsbeanspruchung im Giga-Bereich führen, wie auch die dabei vorliegende Ermüdungsfestigkeit berücksichtigen.